16. Juli 2014

Betonsanierer im Hürtgenwald, Bunkersuche für Fortgefahrene

Da sind sie, die autonomen Betonsanierer, Ortsgruppe Vennbike.
Heute geht es ein Stück Geschichte zu erfahren.
Das Stück Geschichte, das die Nordeifel rund um den Hürtgenwald zu trauriger Berühmtheit werden ließ. Es geht um den Westwall mit seinen Bunkerbauten, die wir heute erkunden wollen.






Bei leichtem bis dauerhaften Landregen treffen sich zu gewohnter Uhrzeit die autonomen Betonsanierer unter Leitung unseres Spürhund Thomas im Schevenhüttener Wald Gemarkung Buche 19, zur Spurensuche nach den Betonrelikten der Schlacht im Hürtgenwald.


Neben Thomas sind da noch KaiserFrank, MacHartmann, Muschi und unser Spezialist in Betonsanierungsfragen, BetonArne der Ordensburg Vogelsang (die saniert er gerade).


Beginnen werden wir unsere Tour mit den zerstörten Bunkern 755IA, 755IB, 218 und dem Bunker ohne Nummer. Sie liegen im Gressenicher Wald und waren der zweiten Westwalllinie nachgelagert.
Die Erkundung fordert seinen Tribut und wir haben den ersten Leichtverletzten am Bunker ohne Nummer zu beklagen. Unsere Schlammlöcher sind tief, das wusste schon die 1.US "The Big Red One".



Von hier aus geht es durch den Wald nach Zweifall zu der Bunkergruppe am Sägewerk Jägerhausstrasse, auch zerstört aber wenn man weiß wo, von der Strasse einsehbar. Wir sehen sie nicht ein, an der falschen Stelle geguckt.
Immer stetig bergan geht es durch den Wald zum Forsthaus Jägerhaus und von dort ins Todtenbruch zu den Bunkern 363 und 365. Das sumpfige Gelände, zu den gesprengten im Morast liegenden Bunkern, erreicht man über Holzstege.
Wir bilden die Kampfgruppe Holzsteg mit Thomas und mir als kundschaftende Bikemelder. Erst noch lustig, denn die Stege sind trocken, geht es in ein Birkenwäldchen und wir kommen in ein Moosminenfeld. Die Stege sind plötzlich nass, grün und glitschig. Als wir es merken, ist es auch schon zu spät, Thomas und ich fliegen zeitgleich in den Morast. Die anderen werden durch umherfliegende Moosschrapnells zum absteigen gezwungen.
Super, unsere Gruppe erleidet den ersten Verlust, Thomas erleidet mehrere Prellungen und wird zum Hauptverbandsplatz in Birkesdorf zurück geführt.
Ich erleide nur eine leichte Verletzung, nur habe ich jetzt zwei Löcher am Arsch, eins was stinkt und eins was blutet, toll.



Naja, das kann ja Eiter werden, über die Einblutungen reden wir erst garnicht.


Zurück aus dem Sumpf geht es ins Kalltal, erst zum Ochsenkopf, wo von der Bunkergruppe noch ein Bunker gesprengt aber gut erhalten ist. In diesem Gebiet war auch Ernest Hemingway als Kriegsberichterstatter unterwegs. Er nahm sowohl an der Allerseelenschlacht, wie an der Operation "Queen" teil. Hier änderte Hemingway seine Auffassung vom heroischen Kampf und erfasste die Sinnlosigkeit des Krieges. Hier im Waldkampf, fanden die verlustreichsten Kämpfe der US Army in Europa statt.

„In Hürtgen gefroren die Toten, und es war so kalt, dass sie mit roten Gesichtern gefroren…“.
Zitat Hemingway





Aber nicht nur er war hier, meine Familie lebt hier, mein Opa hat die Bunker mitgebaut, lag dann in den Stellungen vor Omaha-Beach beim D-Day, und musste nach dem Krieg die Toten im Kalltal bergen und Minen beseitigen. Er redete nie darüber zu jemanden, mit einer Ausnahme. Ich war zu interessiert und hartnäckig als Kind, und die Geschichten sind heute von der Generation Frieden kaum zu begreifen.






Gegenüber vom Parkplatz Ochsenkopf ist der Peterberg, hier finden sich die Bunker 106,107,111, ein geschliffener, und ein Wasserbunker zur Versorgung der Truppen. Darüber hinaus findet man Pakgaragen, Waldbunker, Schützengräben, Granattrichter und Deckungslöcher, das ganze Gebiet im "Wald indem die Drachen hausten"( Hemingway) ist umgegraben worden. Hier ist mit 566m der höchste Punkt des Hürtgenwaldes und die Bunker sind rund um die wichtige Kreuzung Raffelsbrand-Junktion platziert.
In diesem Gebiet gibt es noch einige Gräber und Gedenkplätze zur Erinnerung an die immer noch vermissten und gefundenen Soldaten dieser Schlacht. Noch in den Jahren 1976 und 2000 wurden hier gefallene US Soldaten gefunden.



Hier kann man auch am Bunker 111 genau sehen, was passiert wenn man einen Bunker erst mit Wasser füllt bevor man ihn sprengt. Die Sprengkraft ist viel höher und effizienter.
Dies wurde durch die Amerikaner praktiziert um die Bunker bei Rückeroberung für die Deutschen nutzlos zu machen.




Weiter geht es zum Wasserbunker, und da Sprengfallen! Durch Federn gesicherte Äste im Trail fliegen bei überfahren in die Luft. Wir versuchen durch erhöhtes Tempo der Gefahr zu entkommen.
Zu spät, BetonArne erwischt eine Sprengfalle und sie beschädigt sein Fahrzeug so, dass es ins Depot nach Konzen zurückgeführt werden muss. Der Arme, musste er schon die ganze Zeit darunter leiden als Betonsanierer nicht sofort Hand an die Bunker legen zu dürfen, verpasst er jetzt das Highlight des Tages, die erhaltenen Bunker im Buhlert.







Über Kallbrück geht es nach Simonskall, wo auch noch eine Reihe Bunker stehen, wobei hier der Sanitätsbunker 374 erwähnt sein soll. Er ist komplett erhalten und eingerichtet und ist durch ein Haus überbaut.


Wir aber fahren in die der Kall gegenüberliegende Hanglage nach Strauch hinauf, um die erhaltenen und teilweise begehbaren Bunker, die Gruppenunterstände 131, 132, den Doppelgruppenunterstand 139/40, den MG Bunker 135 und einen Wasserbunker zu suchen.
Angekommen, ist das schon beklemmend eng in diesen Bunkern, mit verwinkelten Eingängen für Sitzriesen. Alles Absicht, so wurde die Einnahme der Bunker erschwert und aus kleinen Schießscharten waren die Eingangsbereiche zu verteidigen.










Und jetzt machen wir mal Schluss für heute und radeln durch das Tal der "weissen Wehe" wieder zurück zum Gruppensammelplatz Buche 19. 
Die ganze Rückfahrt, entspricht der Stossrichtung des Angriffs der Operation Queen vom 16. November 1944, in der die Rur mit Düren und Jülich das Ziel war. 
An diesem Tag wurde auch Düren durch alliierte Bomber bis auf 13 Häuser komplett zerstört.
Eine der schönsten und reichsten Städte Deutschlands existierte nicht mehr.

Nach den Waldkämpfen auf 70km, haben wir uns dann auch erstmal was Leckeres verdient.
Danach galt es nur noch den Rückzug nach Hause anzutreten, um dann 134km mit 2400hm auf dem Tacho stehen zu haben. Prost, eure Muschi.

Teil 2 der Bentonsanierer-Trilogie               Die Betonsanierter 2.0, Dynamit ist keine Lösung




Zu guter Letzt noch ein Hinweis,
Im Hürtgenwald liegen immer noch viele gefährliche Relikte des Krieges, angefangen von Munition, Bomben und Waffen aller Art, bis hin zu Ausrüstungsgegenständen.
Es ist sehr gefährlich bis tödlich diese Gegenstände zu bewegen oder auszugraben, lasst es.
Die Bunker, Unterstände und Laufgräben können auch so manche Gefahr bergen, darum lieber weg bleiben. Alles was wir hier gemacht haben tun wir aus eigenem Antrieb auf eigenes Risiko.
Es soll sich keiner beschweren wenn was passiert, im Hürtgenwald hat es schon zu oft BUM gemacht.

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